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Vor 86 Jahren: Novemberpogrome

Am 9. November gedenken wir der Opfer der Novemberpogrome von 1938, die den Anfang einer beispiellosen Gewaltkampagne markierten. In der Nacht vom 9. auf den 10. November beschloss das nationalsozialistische Regime, die jüdische Bevölkerung systematisch zu vernichten und damit zur Shoah überzugehen. Dieser beispiellose Terror wurde von der SA und SS, unterstützt von Polizei, Feuerwehr und vielen Teilen der Gesellschaft, brutal durchgeführt. Hunderte Menschen wurden ermordet, Synagogen, Geschäfte, Wohnungen, jüdische Friedhöfe und Gemeindehäuser wurden in Brand gesetzt, verwüstet oder geplündert - unterstützt und nicht nur geduldet von der Mehrheitsbevölkerung! Eine Entmenschlichung, die die Traumata der Nachfahr*innen der Überlebenden bis heute prägt.

Die antisemitischen Straftaten weltweit steigen derzeit ins unermessliche, allein in Deutschland wurden in diesem Jahr bisher bereits über 3.200 antisemitisch motivierte Straftaten registriert – eine Zahl, die Dunkelziffern vermutlich weit übersteigt. Antisemitismus existiert in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Kreisen, und allzu oft wird seine Existenz von den verschiedenen Gruppen nur der jeweils anderen zugeschrieben. Aber bleiben wir doch einfach bei den Tatsachen: Die Novemberpogrome und die darauf folgende Shoah, das ist eine Tat der deutschen Gesellschaft.

Obwohl bereits seit 1933 massiv diskriminiert und wirtschaftlich ruiniert, markieren insbesonders die Novemberpogrome einen weiteren Schritt der deutschen Gewalttaten — den Beginn der systematischen Verfolgung, Vertreibung, Inhaftierung und letztendlich der Deportation und grausamen Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Nichts in dieser und der folgenden Nächte fand im Verborgenen statt. Die Öffentlichkeit schritt nicht ein, sie trug zur Vernichtung der Jüd*innen bei.

Und auch heute ist unsere (Mehrheits-) Gesellschaft alles andere als frei von Antisemitismus - im Gegenteil: Sie ist durchzogen von purem Hass, zum Beispiel in bizarren Verschwörungserzählungen, in unreflektierter „Israelkritik“ die eigentlich nur blanker Antisemitismus ist; in antifeministischen Strömungen, durch Islamismus und das so tun als hätte man als Biodeutsche Person nichts mit Antisemitismus am Hut und und und.
Wir müssen uns also gewahr sein, dass die grausame Tradition des Antisemitismus unsere Gesellschaft und Kultur durchzieht - und dass wir wieder einmal in einer Zeit leben, in der Antisemitismus von allen Seiten so lautstark und folgenlos wie lange nicht mehr (öffentlich) geäußert wird. Sie reiht sich ein in die menschenverachtenden und ausbeuterischen Praktiken des Kolonialismus. Darauf immer wieder aufmerksam zu machen, diese Kultur der Ungerechtigkeitssysteme zu erkennen und zu korrigieren ist etwas, das jede*r von uns leisten kann.

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