"Bei der Flusslandschaft des Jahres geht es nicht alleine um die Umwelt, vielmehr müssen wir immer Umweltschutz und Soziales gemeinsam sehen. Nur mit einer integrierten Denkweise werden wir als Menschen unserer Verantwortung im Zeitalter des Anthropozän gerecht." - so fasste Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands, in seinem Grußwort die Idee der Flusslandschaft des Jahres zusammen und berief sich dabei auch auf die Enzyklika "Laudato Sí" von Papst Franziskus.
Etwa 120 TeilnehmerInnen und Teilnehmer folgten am 24. März der Einladung der NaturFreunde NRW und des Landesfischereiverbands Westfalen und Lippe in die Zeche Fürst Leopold in Dorsten, um die Flusslandschaft der Jahre 2018/19, die Lippe, feierlich zu eröffnen.
In ihrem Festvortrag, garniert mit Bildern und Filmausschnitten, stellten Günter Bockwinkel (NZO GmbH) und Margret Bunzel-Drüke (Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V.), die Lippe vor. Neben der geologischen Beschaffenheit des Flussverlaufs und der Geschichte der Lippe, die erdgeschichtlich gesehen mit etwa 19.500 Jahren ein noch sehr junger Fluss ist, gingen sie auch auf die ökologischen Aspekte ein: angefangen von der Durchlässigkeit für Fische, die an vielen Stellen durch mittlerweile unnütze Wehre behindert ist, über die Wasserqualität, die sich seit dem Tiefpunkt in den 70er Jahren stetig verbessert hat, ohne jedoch schon überall als gut bezeichnet werden zu können bis hin zu Belastungen durch die Einleitung von Kühlwasser und Grubenwasser weist die Lippe noch einiges Verbesserungspotential auf.
Dementsprechend zeigten die Vortragenden sieben notwendige Perspektiven auf, um aus der Lippe ein lebendiges Gewässer werden zu lassen, von dem Natur und Mensch profitieren:
- Flächenankauf, um Entwicklungen umsetzen zu können
- Wiederherstellung der Verbindung zwischen dem Fluss und der Flussaue
- Beseitigung oder zumindest Umgehung von Wehren
- Stopp der Einleitung von Grubenwasser, das stattdessen gereinigt direkt in den Rhein eingeleitet werden sollte
- Verbesserung der Wasserqualität, vor allem im Unterlauf
- Stopp des Wasseraustauschs mit dem parallelen Datteln-Hamm-Kanal, der Neozoen und Neophyten in die Lippe einträgt
- Förderung des Naturgenusses und der Naturbeobachtung
Christel Happach-Kasan, Präsidentin des Deutschen Angelfischerverbands, und der NaturFreunde-Bundesvorsitzende Michael Müller gingen in ihren Ansprachen auf die Gründe ein, warum die Lippe für die Jahre 2018/19 zur Flusslandschaft des Jahres gekürt wurde und forderten vermehrte Anstrengungen der Politik zur Verbesserung der ökologischen Situation. "Ökologie ist eine Existenzfrage der Menschheit, daher kann es nicht angehen, dass dieses Thema in der aktuellen Politik nur eine untergeordnete Rolle spielt." so Michael Müller unter Applaus der anwesenden Gäste.
In ihren Grußworten drückten Vertreterinnen und Vertreter des Umweltministeriums, der Bezirksregierung Arnsberg und des Lipperverbands ihre Wertschätzung für die bereits geschehenen und die noch geplanten Verbesserungen im Bereich der Lippe aus und beglückwünschten NaturFreunde und Angelfischerverband zu der guten Wahl, die Lippe auszuzeichnen.
Mit der Übergabe von Wasser aus der Trave, Flusslandschaft der Jahre 2016/17, in die Lippe durch Dieter Neumann, Landesvorsitzender der NaturFreunde Schleswig-Holstein, wurde am Nachmittag dann der Staffelstab der Flusslandschaften symbolisch weitergereicht.
Jetzt gilt es, die kommenden zwei Jahre mit Inhalten und mit Leben zu füllen, auch durch uns NaturFreunde. Neben dem Landestreffen in Wesel wird der Landesverband sicher noch die eine oder andere Veranstaltung entlang der Lippe anbieten und gemeinsam mit den NaturFreunden Hamm-Werries einen WasserWeg an der Lippe entwickeln. Aber auch die Ortsgruppen sind gefragt: organisiert naturkundliche Exkursionen, Wanderungen oder Radtouren im Lippegebiet und bringt so die Flusslandschaft in die Köpfe der Menschen.