Die NaturFreunde NRW haben auf ihrer Landeskonferenz am 17. November in Gelsenkirchen beschlossen, anlässlich der Vorgänge rund um den Hambacher Forst einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten Armin Laschet zu schreiben, mit Kopie an die Fraktionen von CDU, FDP, SPD und Grüne im Landtag.
Wir sind gespannt, ob und was Herr Laschet uns antworten wird.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
die Landeskonferenz der NaturFreunde NRW e.V. blickt mit großer Sorge um die demokratische Kultur in NRW auf die Vorgänge rund um den Tagebau Hambach zurück.
Nach der Klage des BUND gegen die Bezirksregierung Arnsberg vor dem Verwaltungsgericht Köln erwarteten wir für Oktober 2018 die Entscheidung des OVG Münster zum Eilantrag auf vorläufigen Rodungsstopp. RWE hatte den Rodungsbeginn für Mitte Oktober angekündigt - bis 30.09. galt ohnehin der Fällschutz nach dem BNatSchG. Gleichzeitig tagte die Kohlekommission. Es ging um den Erhalt des Restbestandes eines 12.000 Jahre alten Forsts und um einige dort lebende seltene Tierarten. Außerdem ging es um Klimaschutz, da Braunkohle der Hauptverursacher des CO2-Ausstoßes ist.
Plötzlich, nachdem schon 6 Jahre ca. 150 Umweltschützer in Baumhäusern den Forst bewohnten, entdeckte die Bauministerin, dass dort der „Brandschutz“ nicht gewährleistet sei. Auf Befehl des Innenministers mussten ca. 4.000 Polizeibeamte gegen den Widerstand der Bewohner*innen ca. 3 Wochen lang die Räumung und Teilrodung im Forst durchführen. Den Kostenaufwand für den sinnlosen Brandschutzeinsatz der Polizei einschließlich der eingesetzten schweren Geräte können wir der Höhe nach nicht einschätzen, er wird erheblich sein. Nicht zuletzt mussten wir den Tod eines jungen Journalisten beklagen, der während der Räumungsaktion zu Tode kam.
Die Entscheidung des OVG Münster vom 05.10.2018 ist eindeutig: RWE hat nicht nachgewiesen, dass die „Energieversorgung landes- oder bundesweit nicht mehr gewährleistet wäre“, falls der Konzern auf die Hambacher Kohle verzichten müsste. Auch im Hinblick auf die hier lebenden seltenen Tierarten darf RWE nun bis zur endgültigen Hauptsachenentscheidung Bäume nicht fällen.
Die von den NaturFreunden Deutschlands e.V. angemeldete Großdemonstration am 06.10.2018 untersagte die Polizei. Erst am 05.10. ließ das Verwaltungsgericht Aachen die Demonstration zu. Wir NaturFreunde haben diese Kundgebung, an der sich ca. 50.000 Bürger*innen beteiligten, unter großem Zeit- und Kostenaufwand mitorganisiert.
Die NaturFreunde NRW fragen Sie in diesem Zusammenhang:
- Warum war es nicht möglich, mit der Räumung des Hambacher Forstes zu warten, bis eine Entscheidung des OVG Münster zu einem vorläufigen Rodungsstopp vorlag? Warum entschied sich die Landesregierung, mit der Räumung einseitig Fakten zugunsten von RWE zu schaffen und damit das Vertrauen der Bevölkerung in unseren Rechtsstaat und die Rolle der Justiz zu erschüttern?
- Teilen Sie unsere Ansicht, dass die von der Bauministerin, Frau Scharrenbach, festgestellte „Brandschutzgefahr“ nur ein formaljuristischer Vorwand war, um eine politisch gewünschte Räumung des Hambacher Forstes zu ermöglichen?
- Teilen Sie unsere, vom Verwaltungsgericht Aachen bestätigte, Ansicht, dass das ausgesprochene Verbot der Großdemonstration am 06.10. einen Verstoß gegen das grundgesetzlich garantierte Demonstrationsrecht darstellt?
- Die NaturFreunde NRW sind der Ansicht, dass angesichts dieser Vorgänge im Umfeld des Hambacher Forstes und der politisch unsensiblen und einseitigen Vorgehensweise die Bauministerin, Frau Scharrenbach, und der Innenminister, Herr Reul, als Mitglieder der Landesregierung der Bevölkerung nicht mehr vermittelbar sind. Sind Sie bereit, die Konsequenzen auch aus der in der Landtagssitzung vom 10.10. fehlenden Einsicht dieser Minister zu ziehen und sie zum Rücktritt aufzufordern bzw. sie zu entlassen?
In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir
Mit freundlichen Grüßen